Bild rechts: Immer zur Stelle: Die BVfK-Juristen Moritz Groß, Simon Vondrlik und Stefan Obert (v.l.n.r.)
Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung:
Neuwagenhandel: Nachbesserungsversuche in Drittbetrieben im Blickpunkt!
Auf dem richterlichen Prüfstand standen jüngst die vom Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK), dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und dem Verband der internationalen Kfz-Hersteller (VDIK) für den Neuwagenverkauf empfohlenen Vertragsformulare.
Diese beinhalten anders als bei den Vertragsempfehlungen des BVfK eine Regelung, die Neuwagenkäufern erlaubt, zur Beseitigung von Mängeln auch so genannte autorisierte Drittbetriebe aufzusuchen, ohne den Verkäufer zuvor darüber zu informieren oder den angeblichen Mangel angezeigt zu haben.
Den Verkäufer müssen die Käufer erst dann unterrichten, wenn die erste Mängelbeseitigung erfolglos war.
Weil eine Kundin diese Benachrichtigung des Verkäufers versäumte, urteilte das LG Darmstadt in seiner Entscheidung vom 01.02.2016, dass der Kaufvertrag über einen neuen BMW nicht rückabgewickelt werden dürfe.
Die Kundin hatte das Fahrzeug nach auftretenden Problemen am Automatikgetriebe in zwei Drittbetrieben vorgestellt. Dort konnte der Mangel jeweils nicht beseitigt werden.
Der grundsätzlich nach zwei fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen mögliche Rücktritt war für diese Kundin jedoch nicht möglich.
Das Gericht begründete die Entscheidung damit, die Kundin habe es versäumt, den Mangel, wie im Vertrag vereinbart, nach dem ersten erfolglosen Versuch in einer Drittfirma beim Verkäufer anzuzeigen. Diese Anzeige beim Verkäufer sei notwendig, damit dieser noch vor Eintritt der "Rücktrittsreife" in die Lage versetzt werde, sich selbst um die Angelegenheit kümmern zu können.
- LG Darmstadt, Urt. v. 01.02.2016, Az. 1 O 295/13 –
Kommentar der BVfK-Rechsabteilung:
Nicht das Urteil selbst, sondern vielmehr die sehr kundenfreundliche Klausel in den Vertragsformularen der Konkurrenz kommt hier für den nicht täglich im Neuwagengeschäft agierenden Kfz-Händler möglicherweise überraschend daher.
So gilt doch in der Regel der Grundsatz, dass der Käufer bei jedem Defektauftritt zunächst den Verkäufer kontaktieren muss, um seine vermeintlichen Gewährleistungsansprüche nicht zu gefährden.
Die BVfK-Neuwagenverträge sehen eine vergleichbare Regelung aus gutem Grund nicht vor.
Der BVfK empfiehlt bei Mängelrügen, die Chance zu nutzen, „Herr des Geschehens“ zu werden und zu bleiben. Dazu gehört auch das Recht zur Überprüfung, wenn am Fahrzeug einmal etwas beanstandet wird. Dieses Recht gibt der Verkäufer durch Verwendung der hier streitgegenständlichen Klausel aus der Hand.
Ass.jur. Stefan Obert